Artikel-Informationen
erstellt am:
19.04.2013
Mit Beschluss vom 19. April 2013 hat die zuständige Vertretungskammer einem gegen die Richter der 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Oldenburg gestellten Befangenheitsantrag entsprochen.
Der Befangenheitsantrag bezog sich darauf, dass die für ausländerrechtliche Verfahren zuständige Kammer die Ausländerbehörden in ihrem Bezirk gebeten habe, Termine für unangekündigte Abschiebungen vorab bekanntzugeben, Verwaltungsvorgänge vorab zu übersenden und gegebenenfalls auch eine Schutzschrift im Hinblick auf einen evtl. zu erwartenden Eilantrag zu hinterlegen (vgl. Presseinformation des Gerichts vom 15. April 2013, www.verwaltungsgericht-oldenburg.niedersachsen.de). In dem Beschluss wird ausgeführt, dass die von den abgelehnten Richtern geübte beanstandete Verfahrenspraxis zwar grundsätzlich nicht geeignet sei, aus Sicht der Antragsteller an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln. Der Befangenheitsantrag sei aber wegen hinzutretender Besonderheiten begründet.
Die beanstandete Praxis der abgelehnten Richter lasse nicht den Schluss zu, dass sie sich in das Lager eines der Verfahrensbeteiligten begeben würden. Maßgeblich für diese Praxis seien vielmehr Gesichtspunkte der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gewesen, ohne das hierdurch einer der Verfahrensbeteiligten bevorzugt bzw. benachteiligt würde. Eine Vorabübersendung der Verwaltungsvorgänge zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Eilverfahren noch nicht anhängig gemacht worden sei, ermögliche nach Eingang eines entsprechenden Antrags eine ausreichende Befassung des Gerichts mit diesem einstweiligen Rechtschutzverfahren, für dessen Entscheidung oft nur wenige Stunden zur Verfügung stehen. Die Übersendung einer bereits eingereichten Schutzschrift an den Antragsteller umgehend nach Eingang eines Eilverfahrens ermögliche ihm eine Erwiderung hierzu ohne zeitliche Verzögerung. Die auch für einen Antragsteller bei unangekündigten Abschiebungen aufgrund des hohen Zeitdrucks typischerweise bestehenden Einschränkungen bei der Begründung des Eilantrags könnten bei dieser Verfahrensweise zumindest teilweise ausgeglichen werden. Die abgelehnten Richter seien auch nicht verpflichtet gewesen, die betroffenen Ausländer über den Eingang der Schutzschrift in Kenntnis zu setzen, da es sich hierbei lediglich um ein vorbeugendes, formloses Verteidigungsmittel handele und ein förmliches Eilverfahren noch nicht eingeleitet gewesen sei.
Zur Begründetheit des Befangenheitsantrags führe aber die Art der Verfahrensführung der abgelehnten Richter im konkreten Fall. Zwar habe es zu keinem Zeitpunkt Äußerungen zu der Frage der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Abschiebung gegeben. Es seien aber nach Eingang der Schutzschrift mehrere Telefonate mit der Ausländerbehörde erfolgt, um sich über den Sachstand der Abschiebungsvorbereitungen zu informieren. Hierdurch könne aus Sicht der Antragsteller der Eindruck einer zusammen mit der Ausländerbehörde durchgeführten Vorwegprüfung der geplanten Maßnahme entstehen.
Zudem sei im konkreten Fall die Übersendung der dem Gericht vorliegenden Schutzschrift an die Antragsteller nach Eingang des Eilantrags versehentlich nicht erfolgt, obwohl dies aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes geboten gewesen wäre. Hinreichende Vorkehrungen, die verhindert hätten, dass den Antragstellern die Schutzschrift nicht unmittelbar nach Eingang ihres Eilantrags übersandt wurde, seien durch die abgelehnten Richter nicht getroffen worden. Aus Sicht der Antragsteller könne dadurch der Eindruck entstehen, dass die abgelehnten Richter eine Vorabprüfung vorgenommen hätten, ohne dass hiergegen rechtzeitig Einwendungen der Antragsteller möglich gewesen wären.
Das Gericht betont, dass die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nicht voraussetzt, dass die abgelehnten Richter tatsächlich befangen sind. Es genüge, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorlägen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit zu zweifeln.
Für das Verfahren ist nunmehr die Vertretungskammer zuständig.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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erstellt am:
19.04.2013