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Selbstbestimmte Wohngemeinschaft oder Heim?

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 21. Mai 2012 (Az.: 12 A 1136/11) die Klage der Betreiberin eines ambulanten Dienstes abgewiesen, die sich gegen eine Verfügung der Heimaufsicht des Landkreises Oldenburg wandte. Der Landkreis hatte ihr unter Hinweis auf das Niedersächsische Heimgesetz aufgegeben, den Betrieb eines Heimes anzuzeigen. Die Bewohner des Hauses seien intensivpflegebedürftige Patienten, die keine selbstbestimmte Wohngemeinschaft bilden könnten.

Nach dem seit Juli 2011 geltenden Niedersächsischen Heimgesetz muss jeder, der ein Heim betreiben will, diese Absicht der Heimaufsicht anzeigen. Die Anzeigepflicht soll sicherstellen, dass die gesetzlichen Anforderungen für den Betrieb eines Heimes erfüllt werden. Ob ein Heim vorliegt, ist gerade bei den alternativen Wohnformen des betreuten Wohnens oder bei Wohngemeinschaften schwierig zu bestimmen.

Das Gesetz fordert die Anzeige auch bei nicht selbstbestimmten Wohngemeinschaften, die dem Zweck dienen, pflegebedürftigen Volljährigen oder behinderten volljährigen Menschen das Leben in Haushaltsgemeinschaften zu ermöglichen, in denen entgeltliche Betreuungsleistungen ambulanter Dienste in Anspruch genommen werden. Entscheidend ist damit, ob die Wohngemeinschaften selbstbestimmt sind.

Das Gericht hat die Klage der Betreiberin des ambulanten Dienstes abgewiesen. In der mündlichen Urteilsbegründung verwies der Vorsitzende auf die Regelungen im Niedersächsischen Heimgesetz. Darin ist bestimmt, dass eine Wohngemeinschaft schon dann nicht selbstbestimmt ist, wenn der Betreiber der Anlage dort zugleich Wohnraum überlässt und Leistungen der ambulanten Betreuung erbringt. Es muss nicht einmal Personenidentität vorliegen, es reicht aus, wenn es eine Verbindung rechtlicher oder tatsächlicher Art zwischen der Überlassung des Wohnraums und der Erbringung der ambulanten Betreuungsleistungen gibt. Eine solche Verbindung hat das Verwaltungsgericht in dem zu entscheidenden Verfahren angenommen. Die Vermieterin der einzelnen Zimmer an die pflegebedürftigen Personen habe ihrerseits das Haus gemietet. Für diese Miete habe die Inhaberin des ambulanten Pflegedienstes die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Darüber hinaus sei die Vermieterin der einzelnen Zimmer leitende Angestellte des ambulanten Pflegedienstes. Schon daraus ergebe sich die rechtliche und tatsächliche Verbindung zwischen der Wohnraumüberlassung und dem Erbringen des Betreuungs- und Pflegedienstes.

Daneben stützte das Gericht seine Entscheidung auch auf die weitere Regelung im Niedersächsischen Heimgesetz, dass eine selbstbestimmte Wohngemeinschaft auch dann nicht vorliege, wenn die Bewohnerinnen oder Bewohner durch die ambulanten Betreuungsdienste in ihrem Selbstbestimmungsrecht eingeschränkt würden. Eine solche Selbstbestimmung liege dann nicht vor, wenn in einer Wohngemeinschaft ausschließlich schwerstpflegebedürftige Patienten lebten. Ihnen fehle die für eine Wohngemeinschaft erforderliche Kommunikationsfähigkeit der Mitglieder dieser Gemeinschaft. Dieses Selbstbestimmungsrecht könne auch nicht von Betreuern oder Angehörigen der pflegebedürftigen Personen, die nicht mit im Haus oder der Wohnung lebten, für die Betroffenen übernommen werden. Die Bewohnerinnen und Bewohner einer solchen Wohngemeinschaft bedürften des Schutzes der Regelungen des Heimgesetzes.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg beantragt werden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.05.2012

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