Artikel-Informationen
erstellt am:
05.04.2024
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Oldenburg hat mit Beschluss vom 5. April 2024 (Az. 5 B 969/24) einem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. stattgegeben.
Hintergrund des Verfahrens ist ein auf der 101. Umweltministerkonferenz vom 1. Dezember 2023 beschlossener Rahmen für die Durchführung eines sog. „Schnellabschussverfahrens“ für Wölfe. Danach soll es in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits nach erstmaliger Überwindung des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren möglich sein, eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss eines Wolfes zu erteilen. Diese soll zeitlich für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1000 m um die betroffene Weide im betroffenen Gebiet zulassen. Gebiete mit erhöhtem Rissaufkommen werden von den Ländern festgesetzt, wobei dies auch im Entnahmebescheid erfolgen können soll. Die Gebiete sollen sich z.B. an Wolfsterritorien, naturräumlichen Gebieten oder raumordnerischen (z.B. kommunalen) Grenzen orientieren. Bei den heranzuziehenden Rissereignissen soll der Überwindung von Herdenschutzmaßnahmen eine besondere Rolle zukommen. Eine genetische Individualisierung des schadensstiftenden Wolfes vor der Abschussgenehmigung soll nicht erforderlich sein.
Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben sowie gestützt auf § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG erließ das Land Niedersachsen, handelnd durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), mit Bescheid vom 26. März 2024 eine für sofort vollziehbar erklärte Ausnahmegenehmigung für die zielgerichtete letale Entnahme eines Individuums der streng geschützten Tierart Wolf (Canis lupus) aus der Natur.
Gegen diese Ausnahmegenehmigung hat die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. Widerspruch eingelegt. Das Gericht hat mit dem o.g. Beschluss die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt, weil sich die angefochtene Ausnahmegenehmigung bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich als rechtswidrig erweist.
In der Genehmigung nach § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG ist – abweichend von der bisherigen gerichtsbekannten Verwaltungspraxis – darauf verzichtet worden, die Ausnahmegenehmigung auf den schadensverursachenden Wolf zu beziehen.
Nach Auffassung des Gerichts hat der NLWKN hiermit den Anwendungsbereich des § 45 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG, der als Ausnahmevorschrift vom allgemeinen artenschutzrechtlichen Tötungsverbot streng geschützter Tierarten aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG eng auszulegen ist, in unzulässiger Weise erweitert. Der Verzicht auf Individualisierung ist nach Ansicht des Gerichts nur unter den – hier nicht gegebenen – rechtlichen Voraussetzungen des § 45a Abs. 2 BNatSchG möglich.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Der NLWKN kann Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen.
Bitte beachten Sie die Hinweise zum Datenschutz auf unserer Internetseite.
Artikel-Informationen
erstellt am:
05.04.2024